Freitag, 30. April 2010

Max Frisch
Entwürfe zu einem dritten Tagebuch

Suhrkamp

17,80€


"Hätte ich übrigens nicht das Recht, das eine oder andere aus den schicken Rollschubladen zu nehmen und zu vernichten? Das Recht habe ich, aber nicht das Bedürfnis", schreibt Max Frisch über sein eigenes Archiv, zu Lebzeiten von ihm eingerichtet um ein geordnetes Zeugnis für die Nachwelt zu sein. Er schreibt dies in diesem Entwurf für ein drittes Tagebuch, begonnen 1982 in New York, geplant, durchdacht, Kunst wie beide zuvor, nur: nie veröffentlicht. Und auch wenn die Frage, ob es denn in seinem fragmentarischen Zustand überhaupt an die Öffentlichkeit sollte, zurecht gestellt sein mag: beantworten könnte sie nur Max Frisch. Und jetzt, da wir es lesen können, muss die Freude die Sorge etwas eigentlich verbranntes zu lesen überwiegen. Es sind zornige Blicke auf die Reagan-Regierung, es sind verwunderte Blicke auf die eigenen Gebrechen, sehnende und verwirrte auf die eigene Liebe und unfassbar schöne, emotionale, rührende Blicke auf die Freunde der Vergangenheit, auf das Sterben und die Erinnerung. Allein schon für diese wunderbaren Miniaturen lohnt es sich, dieses Tagebuch lesen zu dürfen. Dann schwingt Dankbarkeit mit für die Klarheit und Wahrheit einer inszenierten Sprache, vielleicht auch gerade derentwegen...